Nah ist gut

Audienz bei der

Käferbohnen-Königin

Michaela Summer erzählt, was die Steirische Käferbohne braucht,

um groß und stark zu werden, und warum sie heute so

angebaut wird wie vor 2.000 Jahren.

Text: Marcus Fischer Fotos: Wolfgang Hummer

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eder kennt sie, die großen, schwarz-lila gesprenkelten Bohnen. Aber wie werden sie eigentlich angebaut und geerntet? Welche Gerichte

kann man aus ihnen zubereiten? Und woher kommen sie überhaupt? Auskunft auf diese Fragen suchen wir bei niemand Geringerem als der regierenden Käferbohnen-Königin Michaela Summer aus Dietzen, einem kleinen Ort nahe der Grenze zu Slowenien. Schon bei der Anfahrt durch das südsteirische Hügelland halten wir Ausschau. Aber wie schauen Käferbohnenfelder eigentlich aus? Die meisten Äcker sind zur Zeit unseres Besuchs Mitte Oktober bereits abgeerntet, nur ein paar Kukuruzfelder stehen noch. Wir sind gespannt.


Warum die Bohne eine Prinzessin ist

Auf ihrem Hof in Dietzen begrüßt uns Michaela Summer mit einem Glas frischem Traubensaft. Streng genommen müssten wir sie ja als „Eure Produkthoheit Michaela I.“ anreden. Michaela lacht. „Mir habens den Titel 2008 verliehen, als Halbenrain Käferbohnen-Gemeinde wurde. Damals war ich die jüngste Käferbohnen-Bäuerin – und hab mich bereit erklärt. Ich seh mich aber eher als Botschafterin der Käferbohne und will die Frucht bekannter machen.“ In ihrem Käferbohnen-Kabinett, einem ge- mütlichen Ausstellungsraum, hat sie alles Wissenswerte rund um die große Hülsenfrucht zusammengetragen. „Aber wenn wir schon von Hoheiten reden – die Käferbohne ist schon eine rechte Prinzessin, was die Umwelt- bedingungen angeht“, erzählt Michaela. „Aussäen tun wir nach dem letzten Frost, also in der Zeit von Ende April bis Mitte Mai. Dann braucht sie erst einmal ordentlich viel Wasser, damit sie im Juli und August Blüten ausbilden kann. Wenns in dieser Phase eine richtige Trockenheit gibt, ist es vorbei. Da wirft sie ihre Blüten ab und wir haben starke Ernteeinbußen. 2013 war ein Totalausfall, da wars im Juni bis in den Juli hinein schon so brutal heiß, dass alle Blüten eingegangen sind.“


Klima wie in Mittelamerika

Michaela führt uns zu einem Korb, der bis oben mit getrockneten Käfer- bohnen gefüllt ist. Sie glänzen, sind groß und prall. „Das war die Ernte von 2018, da hat vom Wetter her alles gepasst. Schwül-heiß im Sommer, das liebt sie, die Feuchtigkeit und die Wärme, und dann einen langen, trockenen Herbst. Ursprünglich kommt sie ja aus dem mittelamerikanischen Hochland – aus Guatemala und Südmexiko. Und da herunten in der Steiermark findet sie die idealen Bedingungen: sonnenreiche Sommer mit wenig Wind. Dadurch entwickelt sich hier oft eine hohe Luftfeuchtigkeit, die sie gut wachsen lässt. So, jetzt ist aber genug gefachsimpelt, jetzt gemma raus aufs Feld.“


Von der Beraterin zur Bäuerin

Die Landwirtschaft hat Michaela von ihren Eltern übernommen. Nachdem sie die Pädak absolviert und als Beraterin in der Landwirtschaftskammer gearbeitet hatte, wollte sie zurück auf den Hof, „was Eigenes aufbauen“. 2008 hat sie mit der Käferbohne angefangen. Ihre Eltern hatten seit den 70er-Jahren schon Erfahrungen mit der Direktvermarktung gesammelt – damals mit Kürbissen und Kernöl. Darum war für Michaela von Anfang an klar, dass sie ihre Käferbohnen nicht an den Großhandel verkaufen, sondern selber verarbeiten, veredeln und vertreiben würde. „Das ist für mich überhaupt nicht infrage gekommen – ich wollte von Anfang an mein Produkt als Bäuerin selber in der Hand haben, vom Anbau bis zum Verkauf.“


Anbau wie vor 2.000 Jahren

Mittlerweile haben wir eines von Michaelas Feldern erreicht. Und staunen. Denn vor uns liegt ein Kukuruzfeld, das leicht überwuchert ausschaut. „Wir bauen die Bohne heute genauso an wie die Ureinwohner der Hoch- ebenen Guatemalas und Mexikos vor 2.000 Jahren: im Mischanbau mit Kukuruz. Das ist ein perfektes Zusammenspiel: Der Kukuruz dient den Bohnen als Rankhilfe, umgekehrt reichern die Bohnen den Boden mit Stickstoff an, was wiederum dem Kukuruz zugutekommt. Und uns, denn wir müssen nicht düngen“, lacht Michaela. „Außerdem erleichtert der Mischanbau auch die Ernte. Nach dem ersten Frost, meistens im November, fährt ein umgerüsteter Mähdrescher durch. Die Bohnen und der Kukuruz werden danach über große Siebe getrennt.“


Süße Käferbohnen-Spezialitäten

Nach der Ernte werden die Käferbohnen mit der Hand verlesen – aufge- sprungene und unreife Bohnen werden aussortiert und dann gehts in die Veredelung. „Aber das zeig ich euch am Hof“, sagt Michaela. Dort ange- kommen, werden wir ein zweites Mal überrascht. Wir erwarten klassische steirische Spezialitäten wie den Käferbohnensalat, doch Michaela serviert uns Käferbohnen-Aufstriche. Und die sind süß! Bei der ersten Kostprobe verschwindet jede Skepsis. „Bohn’ella“, Michaelas Käferbohnen-Walnuss- Aufstrich schmeckt umwerfend, die feine Maroni-Note der Käferbohne kommt durch, ein echter Gaumenschmaus. Die zweite Kreation, eine Mischung aus Käferbohne und der Uhudlertraube Isabella, schmeckt frischer und fruchtiger und könnte als Marmeladen-Delikatesse durchgehen.


Vollwertiger Fleischersatz für Veggies

„Da denkt man erst gar nicht dran, dass man die Bohne auch ins Süße veredeln kann. Aber probierts es einmal selber: einfach die Bohnen kochen, statt Salz Zucker dazu und ein Pürree draus machen – da kommt das Edelkastanien- Aroma wunderbar zur Geltung“, rät uns Michaela. In ihren Käferbohnen-Kochkursen nehmen neben den steirischen Klassikern Süß- speisen wie Käferbohnenschnitte mit Himbeere einen prominenten Platz ein. Und natürlich spezielle vegetarische Gerichte. „Grad für Vegetarier und Veganer sind Käferbohnen durch ihren hohen Gehalt an Eiweiß, Mineral- und Ballaststoffen ein vollwertiger Fleischersatz. Außerdem sind sie energiereich und fettarm. Mit der FH Joanneum entwickel ich gerade neue Produkte für die ,fleischlosen‘ Genießer – das find ich selber auch total spannend.“


„Aus’m Dorf“-Partner

Neben dem Direktverkauf sind Michaelas „Bäcksteffl“-Produkte (der Name leitet sich vom Hofnamen ab) – u. a. getrocknete und gekochte Käferbohnen, süße und fruchtige Käferbohnen-Aufstriche, Knabberkerne, Steirisches Kürbiskernöl, Säfte, Schnäpse und Liköre – zunehmend auch in der Gastronomie und im Handel vertreten. Wie zum Beispiel im Nah&Frisch Geschäft und Modehaus von Helga Wallner und Ingrid Fischer (siehe Kasten rechts). „Das freut mich natürlich besonders, wenn wir uns im Ort gegenseitig unterstützen. Richtets der Frau Wallner einen lieben Gruß von mir aus“, lacht Michaela zum Abschied. Ein Wunsch, den wir gerne erfüllen.


Bäcksteffl Bauernspezereien und

Käferbohnen-Kabinett, Dietzen 32,

8492 Halbenrain, Stmk.

www.baecksteffl.at

Anbau, Ernte, Veredelung und Verkauf in Eigenregie: Michaela Summer setzt

auf die Direktvermarktung ihrer Spezialitäten, wie z. B. der süßen bzw. fruchtigen Käferbohnen-Aufstriche.

Foto Käferbohnen: Werner Krug

„Wenns zwischen Juni und August eine Trockenheit gibt, wirft die Käferbohne ihre Blüten ab und wir haben starke Ernteeinbußen.“

Den Mischanbau der Käferbohne mit Kukuruz haben schon die Ureinwohner Mexikos und Guatemalas vor über 2.000 Jahren praktiziert.


„Der Kukuruz dient den Bohnen als Rankhilfe, umgekehrt reichern die Bohnen den Boden mit Stickstoff an.“

Aufgrund der kräftigen roten Färbung der Blüte wird

die Käferbohne auch „Feuerbohne“ genannt.

Im Käferbohnen-Kabinett von Michaela Summer finden sich viele Bohnen-Varietäten.



Nach dem ersten Frost im November lassen sich die Bohnen leicht aus den trockenen Schoten lösen und werden geerntet (rechts). Wenige Wochen davor sind die Früchte noch rosa.


DIE STEIRISCHE KÄFERBOHNE


LATEINISCH: Phaseolus coccineus L.

FAMILIE: Hülsenfrüchte

UNTERFAMILIE: Schmetterlingsblütler

NAMEN: Käferbohne, Feuerbohne, Prunkbohne, Rosenbohne, Blumenbohne, Pischlerbohne, Türkische Bohne

HERKUNFT: Hochland Mexikos und Guatemalas; seit dem 16. Jhdt. in Europa, wo sie zunächst als Zierpflanze angebaut wurde; seit Anfang des 19. Jhdts. hierzulande heimisch.

LAGERUNG: Die Schale der Käferbohne reagiert empfindlich auf Licht – dunkel gelagert behält sie ihre typische Farbe.

GESCHMACK: Fein cremige Konsistenz mit leicht süßlichem Maroni-Aroma. Daher eignet sich die Käferbohne auch gut für Süßspeisen.

Besonderheit: Seit 2016 genießt die Steirische Käferbohne den EU-Herkunftsschutz „Geschützte Ursprungsbezeichnung g.U.“ mit eigenem Gütesiegel.

„Als Direktvermarkterin bin ich auf Geschäfte in der Umgebung angewiesen. Drum freuts mich besonders, wenn wir einander im Ort unterstützen.“

Siegel: Plattform zum Schutz der Steirischen Käferbohne g.U.

Seit 2016 schützt das europäische Herkunftssiegel „g.U.“ (geschützte Ursprungsbezeichnung) die Steirische Käferbohne vor Billig- konkurrenz aus dem Ausland.

Die hats

Bäcksteffl Käferbohnen

und andere Bauernspezereien gibts u. a. bei Kaufhaus- Modehaus Wallner, Halben- rain 15, 8492 Halbenrain, Stmk.

Zur Vollansicht bitte antippen.

www.liebedeinengarten.at