Der Lauf der
kleinen Kramperln
Nah&Frisch Kaufmann Hannes Dreiseitl gibt mit dem Kinder-Krampuslauf Brauchtum an die nächste Generation weiter – und das mit viel Spaß.
Text & Fotos: Martin Huber
In einer Wohnung „Am Lohningfeld“ machen Elias, Matteo, Fabian und Stefan ihre Krampusausstattung für ihren großen Auftritt bereit.
Ihre Kostüme sind gut gepflegt und fein säuberlich gelagert –
schließlich will man ja kein schlamperter Krampus sein ...
ch war zwar selbst nie als Krampus unterwegs, der Brauch hat mich aber seit jeher fasziniert. 2003 sind mir dann Kinder in Thumersbach aufgefallen, die
schon Ende November als kleine Krampusse verkleidet durch den Ort gelaufen sind. Da hab ich mir gedacht: Diese Mini-Krampusse hätten sich eigentlich eine Bühne verdient.“ Hannes Dreiseitl, der hier in der 1.500-Seelen-Gemeinde Thu- mersbach am Zeller See sein Geschäft führt, ist einer, der Dinge gerne anpackt.
Die Geburt des Mini-Krampuslaufs
Und so setzte er die Idee gemeinsam mit den „Thumersbacher Grabenteufeln“ – einer Krampus-„Pass“ im Ort, also einer aus mehreren Krampussen bestehenden Gruppe – in die Tat um. Schon beim ersten Lauf waren rund 60 kleine Krampusse mit dabei. Das Veranstaltungsformat begeisterte Kinder, Eltern und Zuschauer gleichermaßen. Mittlerweile gilt der Kinder-Krampuslauf in Thumersbach als der größte seiner Art im Bundesland Salzburg.
Wo die kleinen Krampusse wohnen
Szenenwechsel: Eine Wohnung im Thumersbacher Ortsteil Lohningfeld, kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Elias, Matteo, Fabian und Stefan sind aufgeregt. Die vier mutigen Buben treffen sich hier, um sich für den Kin- der-Krampuslauf anzuziehen. Sie treten dort als „Thumersbacher Loh- ninghofPass“ auf. Fein säuberlich sortiert haben sie ihre Ausstattung im Wohnzimmer aufgelegt. Ihre Eltern helfen ihnen in ihre Gewänder und Schuhe. Zuerst schlüpfen die Nachwuchs-Krampusse in Hosen, Gama- schen und Oberbekleidung, die aus verschiedenen Fellen bestehen. Schaf- felle sind ebenso dabei wie Fuchspelze oder Ziegenfelle. Dann binden sie sich Gürtel mit Glocken verschiedener Größen um. Neben der Glocke gehört die Rute zu jedem Krampus. Sie wird zumeist aus Birkenreisig her- gestellt. Auch Kuhschwänze und Rossschweife kommen zum Einsatz. Als die kleinen Krampusse in voller, furchteinflößender Montur dastehen, fragt Elias: „Seids bereit?“ Matteo, Fabian und Stefan antworten mit ei- nem erwartungsvollen, leicht nervösen „Ja“ und die vier Buben machen sich auf den Weg zur Thumersbacher Feuerwehrzeugstätte. Dort treffen sich alle Krampuslaufteilnehmer. Noch halten sie ihre handgeschnitzten Holzmasken – Gummi- oder Kunststoffmasken werden beim Lauf nicht zugelassen – in der Hand. Das wird sich schon in wenigen Minuten ändern.
Die Kramperln sind los!
Mit einem Megafon in der Hand begrüßt Hannes Dreiseitl die jungen Krampusse und ihre Begleitpersonen auf dem Vorplatz der Feuerwehr- zeugstätte. Die Verstärkung seiner kräftigen Stimme ist notwendig, um Glockenläuten und Kettenrasseln zu übertönen. Der Organisator erklärt noch einmal den Ablauf der Veranstaltung und weist darauf hin, vorsichtig miteinander und mit den Zuschauern umzugehen. Dann setzt sich der Tross in Richtung Ortszentrum in Bewegung.
Getöse, Gebrüll und Rutenschläge
Ein furchteinflößendes Getöse erhebt sich, die kleinen Krampusse brüllen, lassen ihre Glocken läuten und die Ketten rasseln, was das Zeug hält. So mancher Besucher bekommt einen Rutenhieb ab, allerdings sind es keine bösartigen, sondern eher liebvolle Schläge. Nach einiger Zeit haben die wilden Gesellen mit ihren Masken, Fellen und Schweifen den Hauptplatz erreicht.
Glückliche Krampusse ...
Hier, unmittelbar vor dem Kaufhaus Dreiseitl, haben sich bereits Hunderte Zuschauer eingefunden. Die Zeit des Wartens haben sie sich bei hausge- machtem Glühwein und Bosna verkürzt. Die jungen Krampusse drehen zuerst einige Runden um das auflodernde Feuer in der Mitte des Platzes und ziehen alle Register ihres höllischen Könnens in Sachen Gebrüll, Geschepper und Gerassel. Auch die Ruten gehen wieder auf die Suche nach passenden Empfängern, wobei auch hier das Spielerische im Vordergrund steht.
... und höllisch gute Bosna!
Während das allgemeine Getöse nach einer Weile etwas nachlässt und sich die zotteligen Gesellen immer mehr mit dem Publikum vermischen, haben wir Zeit, uns nach den höllisch guten Bosna zu erkundigen. „Die Zutaten kommen alle aus unserem Geschäft, zubereitet werden sie hier nach einem bewährten Geheimrezept“, lacht Hannes Dreiseitl. „Aber im Ernst – das Wichtigste sind die Bratwürstel, die stammen von der Metz- gerei Schultes in Schüttdorf hier aus der Umgebung. Die kommen immer extrem gut an. Jetzt müssts mich aber entschuldigen!“, sagt der Kaufmann und verschwindet in Richtung Geschäft.
Erschöpft und glücklich
Nach dem Ende des Umzugs kommen die jungen Krampusse im Hinterhof des Kaufhauses zusammen, wo sie endlich die zum Teil recht schweren Masken abnehmen können. Erschöpfte, verschwitzte, aber strahlende Ge- sichter kommen darunter zum Vorschein. Aufgeregt tauschen sie ihre Er- lebnisse aus, lachen und spielen den anderen so die eine oder andere lustige Szene vor. Am Ende eines ereignisreichen Abends nehmen sie ihr traditio- nelles Nikolosackerl von Organisator Hannes Dreiseitl in Empfang – und jeder Einzelne der wilden Gesellen bedankt sich ausgesprochen höflich.
Aktuelle Corona-Information
Der 18. Kinder-Krampuslauf in Thumersbach war eigentlich für den 3. Dezember 2020 geplant. Aufgrund der Corona-Pandemie musste er leider abgesagt werden. Hannes Dreiseitl und sein Team arbeiten bereits an den Vorbereitungen für das Jahr 2021, in dem die Veranstaltung ebenfalls am 3. Dezember vorgesehen ist.
Beinkleider aus Fell gehören ebenso zum „Kramperl-Gehen“ wie ordentliche Glo- cken, rostige Ketten und festes Schuhwerk.
Eine „Pass“ ist eine Gruppe aus mehreren Krampussen.
Wehe, wenn sie losgelassen! Die Passen haben sich formiert und machen sich auf den Weg ins Thumersbacher Ortszentrum, wo sie sich rund um das „Höllenfeuer“ sammeln.
Von der Organisation bis zur Verpflegung hat er alles im Griff: Kaufmann Hannes Dreiseitl.
Schreckgestalten vor dem Nahversorger. Die Masken der Teilnehmer beim Kinder- Krampuslauf müssen aus Holz gefertigt und von Hand geschnitzt sein. Das ist Thu- mersbacher Tradition.
Nikolosackerl als Belohnung für alle Teilnehmer.
Höllisch gute Bosna nach Art des Hauses.
Tradition mit Zukunft
„Mich freuts, dass wir mit dem Lauf einen alten Brauch aufgenommen und eine neue Tradition im Ort geschaffen haben!“
Nah&Frisch Kaufmann Hannes Dreiseitl,
Dorfplatz 11, 5700 Thumers- bach/Zell am See, Sbg.
DER KRAMPUS
In der Schreckensfigur des Krampus vereinigen sich heidnische Fruchtbarkeits- und Winterdämonen mit christlichen Vorstellungen vom Teufel.
Die Herkunft des Namens liegt im Dunklen. Manche meinen, er gehe auf das mhd. Wort „Krampn“ (Kralle) zurück, andere sehen eine Nähe zur Bezeichnung „Krampen“ für einen groben Kerl.
Typisch für den Brauch war auch die vorübergehende Aussetzung moralischer Regeln, z. B. mit der Erlaubnis andere zu schlagen.