Kaufmann von
Kind auf
Emmerich Wöss ist Kaufmann in fünfter Generation. Im Gespräch erzählt er, was für ihn das Schönste an seinem Beruf ist und was Nachhaltigkeit im Familienbetrieb für ihn bedeutet.
Text: Marcus Fischer Foto: Christian Huber
I
m Jahr 1898 legte Rosalia Rumpeslreiter, die Urgroßmutter von
Emmerich Wöss, den Grundstein für das heutige Geschäft in Koller-
schlag im oberen Mühlviertel (OÖ). Seit über 120 Jahren versorgt die
Familie den Ort. Standen zu Beginn der Eierverkauf und der Tauschhandel von Getreide und Mehl im Mittelpunkt, wurde in der Nachkriegszeit das Sortiment um den lebenswichtigen Brennstoff Kohle ergänzt. In den letzten 30 Jahren hat man sich ganz auf Lebensmittel – mit einem Schwerpunkt auf frische Produkte aus der Nähe – spezialisiert.
Im Geschäft aufgewachsen
„Natürlich war es für uns als Kinder schön, dass die Eltern ein Geschäft haben. Ich sag nur Noisette-Schokolade und ,Negerbrot‘, wie mans damals noch genannt hat“, erzählt Emmerich Wöss. „Aber Selbstbedienung hats da nicht gegeben – jedes Mal haben wir die Eltern fragen müssen, ob wir uns was nehmen dürfen.“ Außerdem war es selbstverständlich, dass man als Kind im Geschäft mitgeholfen hat. „Sobald das Rechnen funktioniert hat, war man an der Kassa. Da war ich noch in der Volksschule und hab schon kassiert – dabei wirklich rechnen gelernt. Ich hab da ein Gefühl gekriegt für Beträge und gleich gespürt, wenn etwas an der Rechnung nicht stimmen kann.“
Der schönste Beruf der Welt
„Den Kaufmann musst im Blut haben, dann ist es der schönste Beruf der Welt. Weil man sein eigener Herr ist und nicht nur für einen Unterbereich zuständig ist, sondern für die ganze Bandbreite vom Einkauf über das Warenlager bis hin zum Verkauf. Und weil du laufend am Puls der Zeit bist – was wird gerade gebraucht, was könnte gut gehen? Und im besten Fall ist man mit seinem Gespür richtig gelegen und die Kunden freuen sich.“ Jemand, dems nur ums Geld gehe, werde in dem Beruf aber nicht glücklich, fährt der Kaufmann fort. „Da brauchst schon ein Gspür fürs Geschäft, für die Kunden, und den Mut, Entscheidungen zu treffen. Man ist nicht Bei- fahrer, man kann den Job selber gestalten. Das ist für mich das Schönste.“
Mit den Kunden wachsen
In gewisser Weise sei der Beruf schwieriger geworden, zugleich aber auch interessanter. „Früher hat man sich bei Produktempfehlungen manchmal drüberschwindeln können. Heute sind die Kunden so gut informiert, da musst dich schon anschnallen, dass man keinen Blödsinn erzählt. Da wächst man mit den Kunden mit“, lacht Emmerich Wöss. In Kontakt mit den Kunden zu bleiben, sei auch in Hinblick auf den Generationenwechsel im Geschäft wichtig. 1995 habe ihm sein Vater das Geschäft übergeben – mit den Worten: „Jetzt kannst tun, wie du willst. Und ich helf dir dabei!“ Dieses „Blanko-Vertrauen“ seines Vaters habe ihm enorm geholfen, seinen Weg zu finden. Und genau diese Mischung aus Freiheit und Unterstützung möchte der Kaufmann auch seinem Sohn Patrick mitgeben, der in naher Zukunft das Geschäft übernehmen wird. Schon bei der großen Moderni- sierung des Geschäfts im letzten Jahr hat Emmerich Wöss seinem Sohn viele Entscheidungen überlassen. Nachhaltigkeit spielte dabei eine zentrale Rolle, wie die Photovoltaikanlage zeigt, die rund ein Viertel des gesamten Stromverbrauchs abdeckt. „Das Geschäft lebt davon, dass man am Puls der Zeit ist – drum muss man rechtzeitig übergeben. Auch das ist eine Form von nachhaltigem Wirtschaften“, so der Kaufmann.
„Man ist nicht Beifahrer, man kann den Job selber gestalten.
Das ist für mich das Schönste.“
Emmerich Wöss
Als Kind wollte ich … Kaufmann werden.
Am meisten schätze ich … gute Laune.
Am meisten stört mich … Bürokratismus.
Das Schönste an meinem Beruf ist … der Umgang mit den Kunden.
Manchmal fällt es mir schwer, … es nicht zu übertreiben.
Wenn mir alles zu viel wird ,… geh ich in die Natur, rüber zu unseren Teichen, und schau einfach den Fischen zu.
Menschen, denen ich sehr dankbar bin, … sind meine Eltern, meine Frau Sabine, meine Tochter Nicole und mein Sohn
Patrick – die Familie ist für mich der Ankerplatz im Leben.