Kräuter, Schnee
und Hüttenzauber
Der steirische Frühling steckt voller Überraschungen. Da kann es schon einmal passieren, dass es im Mai schneit und aus einer Kräuterwanderung
kurzerhand eine gemütliche Almpartie wird.
Text & Fotos: Martin Huber
erdl und Liane, probierts das amal! Beißts in die Knospe und sagts mir, wie‘s schmeckt“, lädt Kräuterpädagogin Sabine Persch die Nah&Frisch
Kaufleute Ferdinand und Liane Penz ein. Vorsichtig pflücken die beiden Vogel- beerknospen vom Baum, der erst vor wenigen Tagen saftig-grüne Blätter ausge- trieben hat. „Ein bissl nach Marzipan“, meint Liane. „Mich erinnerts an Amaret- to“, lacht Ferdl. Sabine nickt: „Die Knospen der Vogelbeere haben – wie jede an- dere Knospe – alle Informationen des Baumes in sich. Wenn man länger kaut, schmeckt man das Holzige genauso heraus wie die Blätter und zum Schluss auch noch das leicht Bittere der Frucht. Das geht tatsächlich in Richtung Mandel/
Marzipan/Amaretto.“
Kräutersammeln mit Schneeflocken
Der Frühling in der Steiermark kann sich von vielen Seiten zeigen: Badewetter im April ist genauso möglich wie leichter Schneefall Mitte Mai. Heute ereilt uns Letzteres. In der Gegend rund um die Griesmoar Alm – zwischen Rachau und dem Knittelfelder Hausberg Steinplan gelegen – flankerlt es ein wenig vom Him- mel. Etwas mehr als 20 interessierte Kundinnen und Kunden von Ferdinand und Liane Penz tauchen hier in die faszinierende Welt der Kräuter ein. Rund um die Alm wachsen viele davon.
Die giftigen und die guten Kräuter
Eine Frau kennt sie alle: die zertifizierte Wald- und Kräuterpädagogin Sabine Persch. Sie begleitet die Gruppe beim Einsammeln möglichst vieler verschiede- ner Kräuter rund um die Almhütte. Danach legen alle ihre Kräutersammlung auf ein buntes Leinentuch vor der Hütte. Sabine beginnt zu sortieren und er- klärt: „Die giftigen Pflanzen wie Buschwindröschen, Hahnenfuß, Gefleckter Schierling, Eisenhut, Fingerhut, Tollkirsche oder Schierlingsbecher können wir beiseitelassen. Wir konzentrieren uns auf die guten Kräuter, die wir heute noch verwerten. Hier sehe ich einen Frauenmantel, daneben eine Schlüsselblume, eine Schafgarbe und eine Brennnessel.“ Die Kräuterexpertin findet außerdem noch Baumflechte, Taubnessel, Löwenzahn, Sauerampfer, Kriechenden Günsel, Gän- seblümchen, Wiesen-Schaumkraut und Mädesüß.
Hüttenzauber im Mai
Kaum hat Sabine die Kräuter fertig sortiert, beginnt der Schneefall stärker zu werden. „Wir haben gut eingeheizt, kommts herein!“ Dem Aufruf von Hüttenbesitzerin Eva Pickl folgen die bereits leicht fröstelnden Kräuterin- teressierten gerne. In der Almhütte duftet es nach Kaffee, das Feuer knis- tert im Ofen. Hüttenzauber mitten im Mai – eine willkommene Überra- schung. Sabine hat inzwischen einige selbst gemachte, mit Kräutern ver- edelte Produkte wie Tees, Honigvariationen, Marmeladen und Salzmi- schungen auf den Tisch gestellt. Ebenso ein großes Schneidbrett aus Holz mit Messer und eine gläserne Schüssel.
Wildkräutersalz selber machen
Nachdem sie einen Überblick über die verschiedenen Anwendungsmög- lichkeiten von Kräutern gegeben hat, füllt sie die gläserne Schüssel zur Hälfte mit Salz und sagt: „Jetzt zeige ich euch, wie man ganz einfach Wildkräutersalz herstellt. Ich nehme dazu am liebsten das Ur-Natur Kar- paten-Steinsalz. Es ist unjodiert, frei von Zusätzen und hat einen sehr runden, angenehm milden Geschmack. Zum Salz gebe ich getrocknete Wildkräuter, weil sich diese besser mit dem Salz vermengen als frische. Das Mischverhältnis ist ebenso Geschmackssache wie die Zusammenset- zung der Kräuter. Hier gilt: Probieren geht über Studieren! Und ruhig ein- mal Kräuter verwenden, die man noch nicht so gut kennt. Würzen kann man damit so gut wie alles – vom Salat über Eintöpfe bis hin zu Fisch und Fleisch.“
Wildkräuteraufstrich auf frischem Gebäck
Nun hebt Sabine die frisch gesammelten Kräuter auf das Holzbrett, ver- dichtet sie zu einem Büschel und zerkleinert sie mit einem Küchenmesser. „Jetzt machen wir uns einen Wildkräuteraufstrich. Ich nehme dazu Schaf- garbe, Giersch, Brennnessel und Sauerampfer – probierts das ruhig selber einmal aus, das is gsund und schmeckt fein“, schwärmt sie. Die Kräuter kommen in eine Schüssel, in der sie eine Mischung aus Topfen, Sauerrahm, Crème fraîche und Frischkäse vorbereitet hat. Nach dem Verrühren schmeckt Sabine den Aufstrich noch mit Wildkräutersalz und Senf ab. Eva stellt einen Korb mit frischem Gebäck auf den Tisch. „Die hab ich selbst gebacken“, lächelt sie stolz und beginnt den Wildkräuteraufstrich auf ihre Backkunstwerke zu streichen. Gebäckstück für Gebäckstück wird rund um den Hüttentisch weitergereicht und anschließend gemeinsam verkostet.
Überraschung mit Augenzwinkern
„Das kann was!“ Die Rückmeldungen aus der Gruppe fallen rundum be- geistert aus. Nach der Verkostung tischt Ferdinand Penz zwei große Brettljausen aus seinem Geschäft auf und überreicht allen Anwesenden einen Nah&Frisch Korb für künftige Kräutersammlungen. „Der ist natür- lich auch zum Einkaufen bei mir im Gschäft gut geeignet“, meint er mit einem Augenzwinkern. Brettljause, Wildkräuteraufstrich, heiße und kalte Getränke, ein knisternder Ofen und viele gute Gespräche am Hüttentisch in der Griesmoar Alm – was als Kräuterrundgang begann, endet als ge- mütlicher Hüttennachmittag, der allen Mitwirkenden noch lange in Erin- nerung bleiben wird. Der Frühling in der Steiermark steckt tatsächlich voller Überraschungen ...
Kräuterpädagogin Sabine Persch entdeckt rund um die Griesmoar Alm zahlreiche Wildkräuter und verblüfft die Teilnehmer der Kräuterwanderung mit einem Vogelbeer- knospen-Geschmackstest.
„In der Knospe schmeckst den ganzen Baum – vom Stamm bis zur Frucht.“
Nicht alles, was auf einer Almwiese wächst, kann gegessen werden. Der Hahnenfuß zum Beispiel ist giftig.
„Mädesüß gehört zu meinen Lieblingskräutern. Es ist ein gut verträgliches Heilkraut, das zum Beispiel Kopfweh rasch lindert“, erzählt die Kräuterexpertin. In der Almhütte gibt sie Einblicke in ihren Wissensschatz und stellt Wildkräuterprodukte vor.
Wildkräuter schmecken hervorragend in einem Aufstrich auf frisch gebackenem Brot.
Gsund und fein: Ein Kräuteraufstrich aus Giersch, Schafgarbe, Brennnessel und Sauerampfer.
Zusatzfotos: S. 40, Wald: Andreas Hollinger/Nationalpark Gesäuse | S. 43, Buchcover: beigestellt | S. 43, Knospen: 123rf
Nah&Frisch Kaufmann Ferdinand Penz
Was zeichnet euer Geschäft aus?
Ferdinand Penz: Bei uns hat jeder Kunde noch einen Namen und wird persön- lich begrüßt, wir führen täglich viele, viele Gespräche. Neben dem persönlichen Service bieten wir ein sehr breites Sortiment zu ortsüblichen Preisen. Zu unse- ren besonderen Stärken zählen die große Auswahl bei Obst und Feinkost sowie viele Spezialitäten aus’m Dorf und aus der Region.
Warum setzt ihr auf diese Produkte?
Ferdinand Penz: Lebensmittel aus’m Dorf und aus der Region bedeuten mir persönlich sehr viel. Durch ihre Einzigartigkeit können wir uns von den großen Märkten abheben. Außerdem stärken sie die Kaufkraft im Ort und sind Produk- te der kurzen Wege, die mithelfen, die Umwelt zu entlasten.
Welche zusätzlichen Dienstleistungen bietet ihr an?
Ferdinand Penz: Service wird bei uns großgeschrieben. So machen wir zum Beispiel Catering vom warmen Buffet bis zu kalten Platten, Brötchen, belegten Brezen, Salaten, Backhendln und vielem mehr. Zusätzlich bieten wir einen Jau- senservice an und beliefern täglich mehrere Firmen in der Umgebung.
BUCHTIPP:
Kräuterpädagogin Sabine Persch schwört auf das Buch „Die Kräuter in meinem Garten“ von Siegrid Hirsch und Felix Grünberger mit 500 heimischen Heilpflanzen.
€ 34,90
www.weltbild.at
Nah&Frisch Penz
8720 St. Margarethen bei Knittelfeld, Hauptstraße 24, Stmk.
www.nahund- frisch.at/de/kauf- mann/penz-ferdinand
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